Münchner Intelligenzblatt XI. Stück
Samstag den 9. März 1799
Behandlung der Bienen im Monat März
Im Monat März finden sich meistens schon für den Bienenliebhaber freudige warme Tage ein, welche sich ein jeder nach einem früh angefangenen, aber sehr kalten Winter, wie der heurige seit 84 und 85 einer der stärksten war, für seine Bienen zum Ausflug wünschet. Allgemein nehmen auch in diesem Monate die Beobachtungen, und Arbeiten des Bienenwirths, als auch die Arbeiten der Bienen selbst ihren Anfang, denn sobald der Schnee durch die wärmende Sonne geschmolzen , und Tag und Nacht einander an Stunden sich gleich werden; so trachten die Bienen bey jeder warmen Gelegenheit zu ihrem Ausflug zu kommen.
Das Erste also ist, das der Bienenwirth, bevor er schon seine Bienenhütte, oder , nach hiesiger Benennung, seine Bienenbank reinlich von allen Spinnnengeweben, und anderen unnützen hinderlichen Sachen wird hergerichtet haben, an einem solchen warmen windstillen Tage, welches in hiesiger Gegend meistens den 8- oder 12ten März, oder nach Umständen der Witterung auch später geschieht, seinen Bienen den Flug gestatte, das ist, aussetze, damit sie sich von dem über winter verhaltenen Auswurf entledigen und reinigen können.
Bevor ich also den Bienenwirthen meine leichte und mit Vortheil gegründeten Regeln darlege; so muß ich zuvor gewißer, besonders den Baiern schädlicher Mißbräuche halber etwas weitläufiger das Verfahren bey dem ersten Aussetzen ihrer Strohkörbe schildern.
Viele Bienenwirthe, besonders die Bauern pflegen zu ihrem größten Nachtheil bey solchen Umständen also mit ihren Bienenkörben zu verfahren: Die Bienen sind meistens wegen Diebereien über Winter in die Häuser eingesetzt. Ist also die Zeit zu einem Flug vorhanden; so tragen sie ihre Körbe nicht gleich auf die Bienenbank, sondern in einem entlegenen windstillen warmen Ort, wohin sie Sonnenstrahlen bis abends spät fallen. Dort stellen sie solche sammt dem Bodenbrett auf die Erde nieder, wenden den Korb um, und stellen ihn an ein Holz, oder Mauer so; daß die Sonnenstrahlen auf und in den Wachsbau hineinfallen können.
Nach etlichen Minuten fangen die Bienen, wegen der auffallenden Sonnenstrahlen außerordentlich zu fliegen an, viele suchen in der Bienenbank ihre vorjährige Stelle, da sie aber den Korb nicht finden, so sind die gleichwohl gezwungen dorthin zu fliehen, wo der Korb, und das größte Gesumse der Bienen sich einfinden. Die Bienen reinigen sich also den Tag hindurch, und weil sie bis abends also stehen bleiben, so lernen sie den Flug an denselben Ort hin; abends werden die Körbe an die Bank getragen, und also wenn dem anderen oder folgenden Tagen wieder warme Witterung und Flug ist, so fliegen die meisten Bienen an jenen Ort hin, wo sie den Tag zuvor gestanden haben, hängen sich an Zäune und Mauern, erstarren und gehen zu Grunde.
Welchen Schaden dieses Unwenden verursachet, findet man in meinem Unterricht 148 Seite bey der Frühjahrsbehandlung, nur will ich einen wichtigen Zufall, welcher sich bey solchen Umständen, und wobey ich Augenzeuge war, ereignet hat melden........
Vor einigen Jahren reiste ich eben um solche Zeit nach dem Unterlande, um alldort meine Bienengeschäfte zu verrichten, als ich nach Freymann, gleich unterhalb Schwabing, kam, setzte eben ein alter Mann seine Bienenkörbe, 18 an der Zahl aus, und da ich vorbey reiste, so sah ich in dessen Garten, daß die Bienen außerordentlich stark flogen; ich stieg vom Pferde, gieng in denselben Garten, grüßte den Alten, und sah also alle 18 Körbe in der größten Sonnenhitze umgewendet. Ich gab dem Manne die besten Worte, solche in seine vorjährige Stelle zu tragen, ich wollte ihm selbst hierzu verhilflich seyn, ich gab ihm alle gute Räthe und Einschläge, allein umsonst, er ließ sich nicht von seinem alten Gebrauch abwendig machen: stolz sagte er: er wird mit wohl als einem alten erfahrnen Mann keine bessere Sache lernen? Ich machte Einwendungen, aber alles war fruchtlos. Ich war also begierig, wie doch die Sachen in die Länge ausfallen würden, weil mir schon mehrere Beyspiele von solchen Zufällen bekannt waren. Ich beurlaubte mich von dem Alten, und wünschte ihm Glück zu vielen Schwärmen, blieb aber noch deßwegen eine ganze Stunde im nächsten Wirthshause. Auf einmal hörte ich ein Geschrey auf der Strasse, ich sah den alten Mann eine Sense in der Hand haltend, auf welche er mit einem Schlüßel so, wie bey der Schwärmzeit gewöhnlich ist, klopfte. Ich fragte ihn, was doch dieß bedeute? Ein Korb, sagte er hat geschwärmt, und er will sich nicht anlegen. Ich lachte zwar in der Stille, aber jetzt schwärmen! habe ich es euch nicht vorgesagt, ihr werdet Unheil bey euren Völkern anstiften. Allein er war voll Eifer der Schwarm zu erhalten, und als wir noch so redeten, kam schon ein zweyter, und dritter Schwarm aus seinem Garten geflogen daher, sie zogen sich zusammen in der Luft, und flogen der Au an der Isar zu hinab, und also zogen in einer halben Stunde 13 Körbe völlig aus dem Wachsbau, und davon, daß also dem alten Bauern von 18 nur 5 Körbe stehen blieben. Jetzt wollte er eilends diese 5 Körbe in die Bank zurücktragen, als er aber dieselbe ganz schnell umwenden, und auf ihr Bodenbrett stellen wollte, so fielen die meisten Fladen, welche wegen der Sonnenhitze geschmolzen waren, vor Schwere herunter, und richteten diese fast auch noch zu Grunde. Ich getraute mir nicht viel mehr zu reden, denn der Alte war voll Zorn, und sagte immer: Dießmal hat mir einer einen Streich gespielt. Eben dieses Schicksal hatt in dem nämlichen Ort und Stunde mit 3 Körben ein Zimmermann. Ich ging meinen Wege nach dem Unterlande; weil bey solchen Leuten kein guter Rath eine Wirkung macht, bis sie ihren größten Schaden sehen. Dann endlich krazen sie hinter den Ohren, und nehmen die Lehren an. Piscator ictus sapit.
Da ich nebst den Legern für den Unterricht auch noch immer Strohkörbe unterhalte, so will ich die gewiß vorteilhafte Behandlungsart für die Strohkorbliebhaber ganz kurz hersetzen. Man trägt die eingesetzten Körbe an ihre vorjährige Bank und Stelle, richtet sich aber zuvor ein 3 oder 4 Zoll langes, und 1 Zoll dickes Holz, man öffnte das Flugloch, und hebt den Strohkorb mit einem starken Bretternagel , welchen man in die Ringe des Korbes steckt, in die Höhe, und legt das Holz entweder in der Mitte bey dem Flugloche, oder gleich daneben hinein, und stellet den Korb ganz sanft darauf. Sind viele todte Bienen auf dem Flugbrette, so soll man den Korb gleich auf ein anderes reines Bodenbrett mit dem untergelegten Holze stellen. Die Bienen werden sich dann nach und nach aus dem Wachsbau herab, und zum Ausfluge richten. Den Korb läßt man also bis abends 3 Uhr mit dem untergesteckten Holze stehen. Da sich dann die Bienen unter dieser Zeit völlig gereinigt, und die Wachstafeln durch die Luft ausgetrocknet haben, so zieht man das untergelegte Holz wieder heraus, und stellt den Korb in gehörige Richtung mit dem Flugloche. Bey dieser einfachen Behandlung wird man finden, daß sehr wenige Bienen stechen, noch zugrunde gehen. Sollten Mäuse den Winter hindurch den Wachsbau benaget haben, so müßte man trachten, solche angefressene Tafeln gleich den ersten, oder zweyten Tage entweder ganz, oder nur das angenagte Wachs herauszuschneiden. Diese angefressene Wachs mache die Bienen muthlos, und sie ziehen des öfters ganz aus, und davon, weil sie den üblen Geruch von Mäusen nicht leiden können. Hungrige Stöcke versorge man mit Fladen, oder ausgelassenem Honig.
Bey den kristischen Kästchen kann mann eben so, wie bey den Körben verfahren, und es wird alles leicht von statten gehen. Bey Klotzbeuten, welche ohnehin wegen ihrer Schwere immer an ihrer alten Stelle bleiben, öffnet man das Flugloch. Abends kann man das untere Beutenbrett öffnen, und die todten Bienen herauskehren.
Wer liegende Stöcke von Brettern unterhält, der stelle dieselbe an den vorjährigen Ort, öffne das Flugloch, und, wenn allenfalls unter demselben todte Bienen liegen, wie es meistens geschieht; so suche man diesselben mit einem geschlachten Rüthchen herauszuziehen. Die Bienen werden bald zum Vorschein kommen, und in vollem Flug; so öffnet man bey den Legern rückwärts in der Bank das Gütter oder Brett. Sollten sich Todte einfinden, so streicht man solche mit dem Rüthchen oder Messer heraus, hiedurch erspart man den Bienen das Austragen der Todten.
Nach einer Stunde des Aussetzens werden die Bienen sehr stark fliegen; an diesem ersten Tag darf man ohne allen Scheu des Stechens unter die Bienen hineintreten, und den Flug eines jeden Stockes wohl betrachten. Ein schwach fliegender Stock wird gleich untersucht, ob es ihm an Volk, oder an der Königin, das ist, an der Mutter fehle, denn es sterben oft einige über Winter vor Alter, oder auch Kälte. Fehlt die Königin; so werden die Bienen etliche Tage nach einander abends an dem Flugloche oder an dem Korbe mit einem traurigen Gesumse herumslaufen, und ihre Königin suchen. solche mutterlose Stöcke werden gleich mit anderen schwachen und mittelmäßigen kopuliert. Besonders mit solchen, die man ohnehin futtern müßte. Die Behandlungsart findet man in dem vollständigen Unterricht 148 und folgende Seiten.
Die Verfertigung der Strohkörbe, als auch der Leger, welche ich voriges Monat einzuschalten versprochen habe ist folgende:
Zu Körben oder Gumpern wird ein gut ausgetrocknetes Roggen- oder Weitzenstroh erfordert. Der Korb soll in der Weite d. i. im Durchschnitte 12, 13, höchstens 14 Zoll haben, die Höhe 1 ½ Schuhe, oben nicht zu spitzig, und auch nicht zu flach. Alle Ringe müssen mit guten Widen steif und enge umgewunden werden, damit sich die Würmer nicht so leicht einnisten können. Oben kann man gleich eine Öffnung von 5 oder 6 Zoll und hiezu den Deckel gut einpassend machen lassen, welche theils zum Futtern, theils zu kopulieren anwendbar ist.
Die Leger aus Brettern sind nach dem Unterricht 141 Seite, 17§ zu verfertigen, nur an der Höhe ist wegen der hiesigen Lage eine Abänderung zu machen, die anstatt 7 ½ Zoll nur höchstens 6 Zoll seyn soll.
Die Mittelsätze sind in hiesigen Gegenden wegen Mangel der Haidenfelder, und allzu geringen Honigtracht sehr wenig anwendbar. sollte ein außerordentliches Honigjahr einfallen, so kann man auch, und ohehin ganze Leger mit oder ohne eingepickten Wachsrosen auf- oder untersetzen, und seinen Zweck erreichen.